Im Dezember 2019 beschloss der Deutsche Bundesrat, dass in Deutschland künftig jeder – unter bestimmten Voraussetzungen – mit seinem Autoführerschein auch 125er-Leichtkrafträder fahren darf. 125er, oder Leichtkrafträder (L3e-A1) sind Motorräder oder Roller, die mehr als 50, aber höchstens 125 Kubik Hubraum aufweisen und maximal 11 kW/15 PS Leistung haben. Die Regelung gilt seit Januar 2020. Wir geben hier einen Überblick, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, wie viel das kostet und wie erfolgreich die Führerscheinregelung angenommen wird – und von wem.
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Voraussetzung für die Führerscheinerweiterung
Die Einbindung des A1-Führerscheins (125er) in die Pkw-Fahrerlaubnis ist hierzulande – in Gegensatz etwa zu Italien – an Auflagen gebunden:
- Die Anwärter müssen mindestens 25 Jahre alt sein,
- seit mindestens fünf Jahren den Führerschein Klasse B haben
- und es sind neun 90-minütige Doppelstunden Fahrschule zu absolvieren – vier in Theorie und fünf in Praxis.
125er fahren ohne Prüfung
Eine Fahrprüfung ist nach der Ausbildung nicht erforderlich. Es reicht eine Bescheinigung der Fahrschule aus, welche die entsprechende Schulung bestätigt. Mit dieser kann man sich binnen zwölf Monaten die Schlüsselnummer 196 zur Klasse B eintragen lassen und darf damit Leichtkrafträder und -roller fahren. Diese haben qua Definition 125 cm³, maximal 11 kW (15 PS) und dürfen bei voller Leistung nicht leichter als 110 Kilo sein (maximal 0,1 kW/kg), Dreiräder bis zu 15 kW (20 PS). Sie können eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 100 km/h erreichen. Wer sich mit der Erweiterung B 196 für ein Elektromotorrad entscheidet, der kann legal bis zu 59 PS.
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Was kostet die Erweiterung der Klasse B?
Die Kosten für die Erweiterung des Autoführerscheins um die Schlüsselzahl 196 variieren je nach Fahrschule und Region. In der Regel liegen die Kosten zwischen 500 und 900 Euro. Von der Fahrschule gibt es dann einen Ausbildungsnachweis, mit dem bei der Führerscheinstelle – neues Passbild nicht vergessen – ein neuer Führerschein beantragt werden muss. Für diesen Posten sind etwa 40 bis 50 Euro plus eine Wartezeit für den Amtsweg einzukalkulieren.
Was kostet die Versicherung einer 125er?
Aus den Auflagen für die B-196-Fahrlizenz für Leichtkrafträder und -roller ergibt sich schon ein Spareffekt bei der Fahrzeugversicherung. Denn anders als die 16-jährigen A1-Fahranfänger stellen die über 25-Jährigen mit Fahrerfahrung im Pkw ein deutlich geringeres Risiko für die Versicherungen dar. Laut einer Vergleichsrechnung der Allianz Versicherung kostet die günstigste Haftpflichtversicherung beispielsweise für eine Honda CBR 125 jährlich etwa 47 Euro und die teuerste etwa 70 Euro. In dem Vergleich wurde davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmer der Halter ist und seinen Führerschein in Deutschland gemacht hat. Es gibt für die 125er (Neufahrzeug) keine Garage, und es wird von einer Jahresfahrleistung von 10.000 Kilometern bei überwiegend privater Nutzung ausgegangen. Eine Vorversicherung bestand länger als fünf Jahre, und der Fahrer hat die Schadenfreiheitsklasse 13. Für 125er mit nicht mehr als 11 kW (15 PS) wird keine Kfz-Steuer erhoben.
Aufstiegsmöglichkeit zum Motorradführerschein?
Wer auf den Geschmack kommt und auf größere Bikes umsteigen will, muss dann allerdings eine Motorradfahrausbildung von der Pike auf machen. Denn anders als beim A1-Führerschein, der bereits mit 16 Jahren gemacht werden kann, ist bei B 196 kein vereinfachter Aufstieg in die Motorradführerscheine A2 und A möglich.
Darf ich damit in Europa fahren?
Bisher nicht. Das Recht, mit Klasse B 196 Leichtkrafträder und -roller zu fahren, ist noch auf Deutschland beschränkt. Doch im 1. Quartal 2023 möchte die EU diesbezüglich eine Änderung bringen. Demnach soll dann mit dem B196 auch über alle EU-Grenzen hinweg gefahren werden dürfen. Bisher darf noch nicht einmal in Italien damit fahren. Und das, obwohl die italienische Klasse B die125er ohne jegliche Auflagen mit einschließt. Der Grund dafür: Weil sich die EU-Staaten bisher nicht auf eine einheitliche Regelung einigen konnten, hatte jedes Land die nationale Option, das Fahren von Leichtkrafträdern und -rollern mit Pkw-Lizenz zu erlauben.
Erfolg der neuen Regelung
Die Bilanz des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) nach den ersten zwei Jahren zeigt, dass der B196-Schein sehr gefragt ist. Im ersten Jahr (2020) nutzten bereits 77.823 Autofahrer die Möglichkeit zur Erweiterung ihres Führerscheins. Zum Stichtag 1. Januar 2022 wurden bereits mehr als 130.000 B196-Berechtigungen erworben. Insgesamt ebbte der Run auf den B196-Schein im zweiten Jahr damit etwas ab. Und auch die Neuzulassungen von Leichkrafträdern und Leichkraftrollern tragen diesem Trend Rechnung.
MOTORRAD-Podcast zu diesem Thema für Einsteiger
In diesen Bundesländern fahren bisher die meisten Autofahrer 125er
Die meisten Autofahrer, die ihren Führerschein für 125er-Bikes bis zum 1. Januar 2022 erweitert haben, registrierte das KBA für die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl dieser Länder, zeigten sich die höchsten Werte mit mehr als 350 Berechtigungen pro 100.000 Einwohner in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Hessen.
B196-Bescheinigungen beliebt bei Männern zwischen 45 – 60 Jahren
Das Interesse an dem geänderten Zugang der Fahrerlaubnis zum Führen eines Leichtkraftrades ist bei Männern mit rund 75 Prozent bisher stärker ausgeprägt als bei Frauen. Die meisten Autofahrer, die mit der 196-Bescheinigung ihren Autoführerschein für die 125-Motorräder und -Roller erweiterten, waren im Durchschnitt zwischen 45 und 60 Jahre alt. Die klassischen Neu-Biker sind also Männer mittleren Alters.
B196-Bescheinigung nach Alter und Geschlecht 2020 und 2021
Lebensalter | Männer (total 98.019) | Frauen (total 33.207) | Insgesamt (131.237) |
bis 30 Jahre | 15 % | 16 % | 15 % |
31 bis 44 Jahre | 41 % | 38 % | 40 % |
45 bis 60 Jahre | 42 % | 46 % | 43 % |
61 Jahre und älter | 2 % | 1 % | 2 % |
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Fazit
Für Autofahrer, die schon mit dem Motorradfahren geliebäugelt haben, sich aber vor der Investition von Zeit und Geld abschrecken ließen, ist die Führerscheinerweiterung 196 eine wunderbare Möglichkeit, um auf's Motorrad zu kommen. Aber auch Pendler, die es satt haben mit dem Auto im Stau zu stehen oder öffentliche Verkehrsmittel meiden möchten, freuen sich über die pragmatische und günstige Möglichkeit, ihre Fahrerlaubnis ohne Prüfung auf 125er-Motorräder und 125er-Roller zu erweitern.
Redakteur
Autos müssen für mich mittlerweile vor allem nutzwertig sein, einzig bei einer AC Cobra könnte ich auch absolut unvernünftig werden. Mobilität mit Leidenschaft, das waren die Zeiten mit meinen Golf I GTI-Modellen oder meinen Mazda MX-5-Spielzeugen. Heute spielt sich Mobilität mit Leidenschaft für mich überwiegend auf zwei Rädern ab - mit Muskelkraft oder Verbrenner-Antrieb. Zur Wahl stehen dabei jeweils verschiedene Konzepte.
Redakteurin MOTORRAD online
Mich kann so ziemlich alles begeistern, was auf Rädern rollt – völlig egal, ob Motorrad, Elektroroller, Campingbus oder Fahrrad. Auf den Einsatzzweck kommt es an. Zirkel ich durch die Stadt? Fräse ich durch den Schwarzwald? Oder geht's für drei Wochen nach Sardinien? Wichtig für mich: Funktionieren muss es und Spaß machen. Und da liegt mein Fokus ganz klar auf den Motorrädern. Im Urlaub geht's deshalb oft auf zwei Rädern für mehrere Tage mit Gepäck und der ganzen Familie auf Tour, Ausflüge ins Gelände oder auf die Rennstrecke waren auch schon drin.
Mit 1,57 Meter Körpergröße bin ich bauartbedingt in der Redaktion die Fachfrau, was Motorradmodelle und Herausforderungen für kleine Motorradfahrerinnen und -fahrer angeht. Aber da hört mein Interesse noch lange nicht auf. Statistiken mögen andere langweilen – ich kann mich komplett darin verlieren. Welche Modelle sind in Deutschland und Europa am beliebtesten? Wie sieht der Durchschnittsfahrer/die Durchschnittsfahrerin aus? Wie entwickelt sich der Markt über die Jahre? Derlei Fragen finde ich genauso spannend, wie verkehrspolitische Themen und die Tests von neuen Produkten aus den Bereichen Bekleidung und Zubehör.
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